The Vacuum Cleaner. Toshiki Okada.
Schauspiel.
Toshiki Okada, Dominic Huber, Kazuhisa Uchihashi Pit Schultheiss. Münchner Kammerspiele.
Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt, 18. Januar 2020.
Die Ballade des sinnlosen Lebens. Der 46jährige japanische Autor und Regisseur Toshiki Okada erzählt sie in seinem neuesten Stück "The Vacuum Cleaner", das er am 12. Dezember 2019 an den Münchner Kammerspielen zur Uraufführung brachte. Da begibt sich der achtzigjährige Vater gegen das Ende hin auf die Hinterbühne und ruft ins Dunkel: "Tod, nun komm endlich!"
Die 50jährige Tochter verbringt, seit sie ins studienfähige Alter kam, den Tag im WC und studiert die Decke. Im Lauf der Jahre hat sie auf ihr ein Muster entdeckt, das an Edvard Munchs "Schrei" erinnert. Wenn sie Aktivitätslust packt, saugt sie das Zimmer. Zum Ärger des Vaters passiert das mehrmals am Tag.
Der Bruder, auch ein Versager, ist einmal nach Sao Paulo gereist, um sich zu vergewissern, dass dort nicht, wie in Japan, die Strassenbäume zurechtgestutzt werden. Seit er zurück ist, sitzt er den Tag ab an Orten, wo's nichts kostet: auf Bänken in Parks und Supermärkten. Gegen das Ende hin begibt er sich weg und lässt nichts mehr von sich hören.
Toshiki Okada konzentriert das Spiel auf das Innere eines japanischen Hauses (Bühne: Dominic Huber). Mit monomanem Gestenrepertoire tragen fünf Schauspieler die Situation monologisch vor. Dazu erstrahlen die grauen, von schwarzen Holzlatten eingefassten Papierwände im Wechsel des Lichts. "Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag." Und dann kam noch ein Tag, und dann noch einer, und dann noch einer ... und mit der Zeit ward der Wechsel sinnlos (Licht: Pit Schultheiss). Das leere Treten an Ort wird aufgenommen und begleitet von einer schönen, evokationsreichen Tonspur (Musik: Kazuhisa Uchihashi). Die Klangtapete hält die Mitte zwischen der Ästhetik Eric Saties vom Beginn und der Minimal Music vom Ende des 20. Jahrhunderts.
Der Titel "The Vacuum Cleaner" drückt die Ballade des sinnlosen Lebens allegorisch aus: Das Vakkum saugt das ramponierte, vergessene, nutzlose Menschenmaterial ein und bringt es zum Verschwinden. Eine traurige Situation. Zu ihrer Darstellung verwendet die Aufführung eine Stunde und vierzig Minuten. Hans Arp hätte dazu ein Gedicht gemacht, und 14 Zeilen hätten ihm genügt. Less is more.