Der künstliche Mensch - ein Thema aus dem Jahr 8 n. Chr. © Toni Suter.

 

 

 

humanoid. Leonard Evers.

Sci Fi-Oper.                  

Sebastian Schwab, Cordula Däuper, Sophie du Vinage. Konzert Theater Bern.

Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt, 15. März 2019.

 

 

Wenn die Produktion in der Aula der Sekundarschule Köniz gezeigt worden wäre, hätte man sagen können: "Nett!" oder: "Aha!" Nun läuft aber "humanoid" in Vidmar 1, dem Theatersaal, wo letztes Jahr "Coco" und "Alzheim" zu Aufführung kamen, und vorletztes Jahr "The Turn of the Screw". Bei diesen Musiktheaterereignissen konnte man erleben, was dramaturgisches Handwerk heisst, mit Spannungsaufbau, Entwicklung der Figuren, mehrbödigem Erzählen und (natürlich) souveränem Umgang mit Raum, Stoff und Zeit. Gemessen an diesen Erfolgen wirkt "humanoid", die Oper von Leonard Evers, so platt wie ein Malbuch für Fünfjährige.

 

Dass die Story bis zu Ovid zurückreicht (Pygmalion, 8 n. Chr.), mit Adaptationen von Mary Shelley (Frankenstein, 1818), E.T.A. Hoffmann (Die Automate, 1819), Jacques Offenbach (Hoffmanns Erzählungen, 1881), Karel Čapek (R. U. R. [= Rosums Universal Robots], 1920), Hansjörg Schneider (Sennentuntschi, 1972) und Alan Ayckbourn (Henceforward..., 1987) - geschenkt. Aber an diesen Fassungen gemessen wirkt das Libretto von Pamela Dürr nicht bloss ungelenk, sondern anfängerhaft. Ihre plakative Erzählweise ist wohl dem Verständnis von Fünfjährigen angepasst, lässt aber die Erwachsenen - weil geistig unterbeschäftigt - unbefriedigt zurück.

 

Gleich unoriginell wie die Geschichte ist die Musik. In ihr verschmilzt Aaron Coplands Wohlklang (Appalachian Spring, 1945) mit Igor Strawinskys perkussivem Minimalismus (Petruschka, 1911). Dazu kommt vermutlich auch, in der Kleinmotivik, das eine oder andere Filmzitat. So bewegt sich die Komposition in vertrautem, tonal gefärbtem Fahrwasser. Die Solisten des Berner Symphonieorchesters meistern die Klänge unter Sebastian Schwab mühelos, sensibel und atmend. Damit ragen sie als einzige Erhebung aus der Zweidimensionalität der matten Produktion heraus.

 

Die Sänger wurden für die Uraufführung vom 21. Februar im Winterthurer Theater zusammengestellt. Gemessen an dem, was in der Bundesstadt geleistet wird, fallen sie ab. Die Registerwechsel sind problematisch, die Stimmen, vor allem in der Tiefe, schwach. Schauspielerisch wirken sie eher überzeugend, wenn sich auch die Regie von Cordula Däuper weitgehend aufs Stellen beschränkt, wie das Robotern entspricht, deren Radius in jedem Sinn reduziert ist.

 

Zwei Geheimnisse bleiben offen: Warum "das Kind" mit einem androgynen Sänger im Tutu besetzt wird und warum Kostüm­bildnerin Sophie du Vinage seinen Strumpf mit zwei, drei Löchern versehen hat. Aber diese inszenatorischen Detailfragen werden Fünfjährige nicht ins Grübeln bringen.

 

Stellungen mit eingeschränktem Radius.

 
 
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