Der Spieler. Sergej Prokofiew.
Oper.
Simone Young, Karoline Gruber, Roy Spahn, Mechthild Seipel, Ulrich Schneider. Staatsoper Wien.
Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt, 27. Oktober 2017.
Sergej Prokofiew schreibt für den "Spieler" eine Ausdrucksmusik, die mal die Stimmung, mal die Szene und mal die Befindlichkeit der Personen ausdrückt. Gleichzeitig ist sie gehalten, nie in herkömmlichem Sinn schön zu sein, dafür immer wahr. So ist es dieser Oper verwehrt, populär zu werden. Die Leute klatschen aus Anstand. Und aus Respekt vor den Sängern.
An der Wiener Staatsoper ist die Produktion besetzt mit Sängern, die des Russischen mächtig sind. Zwei Drittel der Stimmen gehören zur Kategorie A, ein Drittel zur Kategorie B. Der Unterschied ist hörbar. Man wird deshalb von Einheitlichkeit des Ensembles nicht reden können. Aber anderswo wird die Oper noch schwieriger zu besetzen sein. Ein Grund, die Finger davon zu lassen.
Ein weiterer Grund ist die typisch russische (hätt' ich beinahe gesagt), verknäuelte, personenreiche Handlung, aus der Prokofiew sein eigenes Libretto hergestellt hat. Vorlage ist Dostojewskis gleichnamiger Roman, der zu achtzig Prozent aus Dialogen besteht und damit das Textmaterial liefert, das nur noch gekürzt zu werden braucht, um eine "Literaturoper" zu ergeben.
In der Kürzung der Kürzung, also in der "Inhaltsangabe" des Staatsopernprogramms, nimmt sich dann die Wiedergabe des ersten Akts so aus: "Alexej – Hauslehrer des Generals – hat das Geld verspielt, das ihm Polina – sein Schwarm und Stieftochter des Generals – gegeben hatte. Der General hofft auf den Tod der Babulenka, da er mit der Erbschaft seine Schulden beim Marquis begleichen und Blanche heiraten könnte. – Mr. Astley beobachtet das Geschehen. Alexej ist zwar irritiert von Polinas mysteriöser Vorgeschichte mit dem Marquis, doch gesteht er, ihr verfallen zu sein. Der Marquis leiht dem General abermals Geld zu wucherhaften Konditionen. Polina spielt mit Gefühlen, bezweifelt Alexejs Ergebenheit und befiehlt ihm, Baron und Baronin Wurmerhelm zu beleidigen; dieses tut Alexej umgehend." Damit senkt sich der Vorhang zu Akt 2.
Regisseurin Karoline Gruber, ihr Bühnenbildner Roy Spahn und ihre Kostümbildnerin Mechthild Seipel entscheiden sich dafür, die realistisch erzählte Handlung auf eine Bühne zu bringen, die mit surrealen symbolistischen Fragmenten möbliert ist. Damit wird der groteske Charakter des "Spielers" (mit und ohne Anführungszeichen) ins Bild überführt. Es trägt, zur Wirkung gebracht durch die handwerklich untadelige Beleuchtung von Ulrich Schneider, auch dann durch den Abend, wenn die Untertitelungsanlage ständig nur "Error" anzeigt, wie das zum Leidwesen der Zuschauer in Parkettreihe 13 der Fall ist. (Der Platz zu 200 Euro.)
Auf diese Weise kommt, dem Stil des Hauses entsprechend, eine solide, wenn auch nicht sonderlich aufregende Produktion heraus, der gegenüber Simone Youngs Dirigat keine Einwände entgegensetzt. Und das Orchester der Wiener Staatsoper begnügt sich damit zu bekräftigen, dass es Spitze ist punkto Präzision, Kraft und Klangschönheit. Wenn jetzt noch Inspiration dazukäme – aber halt: In drei Jahren wechselt die Direktion! Ab 2020 wird Philippe Jordan die musikalische Leitung der Staatsoper übernehmen. Wir dürfen das Haus am Ring noch nicht abschreiben.
Zwei Drittel der Sänger gehören zur Kategorie A.
Das Kostüm unterstreicht den grotesken Charakter.
So führen die Bilder durch den Abend.