Le Nozze di Figaro. Wolfgang Amadeus Mozart.
Oper.
Jean-Claude Auvray, Gianmaurizio Fercioni. Theater Basel.
Radio DRS-2, Reflexe, 15. November 1984.
Die alti Nummerenopere, mit ihrem Wächsel vo Rezitativ, Arie, Ensemble u Finale, stammt us ere Wält, wo üs fremd worden isch. Wo "Le Nozze di Figaro" isch gschriebe worde, sy nid nume d Opere i strängi Chästli unterteilt worde, sondern ou d Lüt und ihri Würklechkeit. Bim Schrybe zum Byspiel het me verschiednigi Formle müess bruche, je nachdäm, wär me agredt het. Me het unterschiede zwüsche Adelige, Geistliche u Büergerslüt. U für jede Stand het's es Dotze Aredeforme gä, agfange vo der "allerdurchlauchtigsten, allergnädigsten kaiserlich-königlichen Majestät" bis abe zum churze "Werter Herr".
Us dere Chästli-Zyt stammt die alti Nummerenopere mit ihrne stränge Yteilige vo Rezitativ, Arie, Ensemble u Finale. Drum stellt sie d Regisseure ou vor die grösste Problem, we sie die Wärk für hüttigi Mönsche wei begryflech u verlockend mache.
Grundsätzlech sy d Nummerenopere alli z statisch. Unbeweglichkeit isch äben es Merkmal vo ihrer Zyt. Derzue chunnt, dass früecher d Bühnine so chly sy gsy, dass sech e Sänger drinne gar nid het chönne bewege. Är hätt ou gar nid gwüsst wie. Schliesslech het me für nen Uffüehrig durchschnittlech drei Tag probet. U da het's grad glängt, für Text, Melodie und Uftritte z koordiniere. Meh het me uf der Bühni – und im Zueschouerruum – von eren Operenuffüehrig ou gar nid erwartet, früecher. Mir aber syn üs vo Kino u Fernseh här gwanet, Mönsche i Bewegig z gseh. Drum wird d Nummerenopere für hüttigi Regisseure zur Talentprob. Die eifachsti u hüfigsti Lösig isch, dass d Sänger während ihrer Arie uf und ab laufe, glych wie im Variété. Raffinierter sy Inszenierige, wo Statisten uf d Bühni stelle, wo ds Libretto nid vorgseh het. Das zuesätzliche Personal wird irgendwie beschäftiget u länkt eim vo der Unbeweglichkeit ab. Künstlerisch aber isch ds Problem erst dert bewältiget, wo d Bewegige mit de Bedingige vo Wahrschynlichkeit, Psychologie u Musik zämestimme. D Inszenierig von ere Nummerenopere verlangt also Sensibilität u Phantasie. Der Regisseur muess tief i ds Wäse vo Wärk u Figure ytouche, dermit's ihm glingt, e Handlig z erfinde, wo dürelouft, dür die starri Yteilig vo Rezitativ, Arie, Ensemble u Finale.
Das Kunststück isch am Regisseur vo der Basler Uffüehrig, em Jean-Claude Auvray, glunge. Uf subtili Art het är "Figaros Hochzyt" i Bewegig bracht. Im Grosse und im Chlyne. Luege mer zersch uf d Makrostruktur, uf ds Bühnebild vom Gianmaurizio Fercioni. Der erst Akt zeigt ds vorgschriebene lääre Zimmer, aber die "camera non affatto ammobiliata" füllt nume grad ei Drittel vor Bühni us. Links u rächts git's no zwe anderi Rüüm, d Vorzimmer, wo zu Graf u Gräfin füehre. Ds Alkovezimmer vom 2. Akt füllt zwe Drittle vor Szenen us. Der letzt Drittel bruucht ds Putzchämmerli, wo sech der Cherubino u später d Susanna drinn verstecke. Dritten Akt: der Saal. Är louft über die ganzi Bühnebreiti. Vierte u letzten Akt: Der Figaro chunnt a d Rampe, für sys berüehmte "Aprite un po quegli occhi" z singe.
(Musik)
Är louft vo der einzte Syte zur andere, u plötzlich springt er i ds Publikum, umkreiset der ganz riesig Theatersaal.
(Musik)
Der Regisseur Jean-Claude Auvray het d Dimension vor Opere usgwytet, vo Akt zu Akt, bis sie am Schluss ds ganze Theater umfasst. Das isch d Bewegig, won er gfunde het für ds Grosse. D Bewegig im mittlere Berych louft uf der Äbeni vor Arie. Zum Byspiel i der "Aria" Numero 9 vom ersten Akt:
(Musik)
Der Figaro singt. Cherubino u Susanna stöh normalerwys da u hei nüt z tüe. Z Basel isch das nid eso. Hie rysst der Figaro em Cherubino d Fädere vom Huet u schiesst se der Susanna vor d Füess. De nimmt er e Farbtopf u drückt ne als Helm am Cherubino über e Chopf, dass der arm Bursch i d Chnöi geit und am Schluss vor Arie usespringt, für sech im ene Stuehl z verstecke u z gränne. So wird d Bewegig sinnvoll, zum Symbol, will sie unerbittlich ds Chriegsideal demontiert, die vielzitierti "gloria militar":
(Musik)
Beweg ou im Chlyne, i de Geste. Me muess nume luege, wie d Manne um d Susanna umekreise u wie sie probiere, das Meitschi aztäple. Bewegigsregie isch da scho nümm ds richtige Wort. Fingerballett müesst me däm säge, wo der Jean-Claude Auvray hie inszeniert. We men also wott gseh, wie sich hützutag en alti Nummerenopere laht mache, de cha me jetzen uf Basel fahre.
(Musik)