Der Freischütz. Carl Maria von Weber.

Horst Stein, Achim Freier. Grand Théâtre de Genève.

Radio DRS-2, Reflexe, 14. Mai 1988.

 

 

(Musik)

 

Ja, das isch der "Freischütz", wie me ne öppe kennt, mit syre Jagdfolklore, de stramme Wadli, de Hoseträger u de blutte Chnöi. U derzue vier Naturhörner.

 

(Musik)

 

D Musik, wo das chäche Jägervolk begleitet, isch gsund bis uf ds Mark. U wenn me nume d Musik lost, ohni z luege, was derzue passiert, de chönnt me meine, der "Freischütz" syg e schöni Opere. Derby aber liege derhinter Abgründ u Schrecknis. D Hörnerkläng sy nume en akustischi Kulisse, wo verdeckt, was nid stimmt. Und es stimmt mängs nid i dere Opere.

 

Konkret: D Handlig chunnt nid vora. Am Schluss vor Opere sy d Mönsche mit ihrne Problem sozsäge glych wyt wie am Afang. U d Figure hei sich nid entwicklet u nid veränderet. Es het niemer uf der Bühni öppis derzue glehrt. Ds Drama isch der Uflösig also chuum e Schritt necher cho. Am Änd vom 3. Akt darf ds Liebespaar Agathe-Max no immer nid hürate. Es isch ne zwar der Probeschuss erla, wo ds ganzen Unglück usglöst het, aber derfür isch am Paar jetz es Probejahr uferleit; u dermit isch's no glych wyt dervo wäg, syni Liebi dörfe uszläbe, wie am Afang.

 

Ou mit de Figure geit's nid vora. Ds Ännchen het no immer ke schlanke Bursch gfunde, wo's cha i d Arme näh, der Max isch immer no glych bedrückt und unsicher, d Agathe no glych bleich, schreckhaft und unruhig. Einzig der Kaspar läbt nümm. D Freichugele het ne breicht, und mit eme grässliche Fluech isch är übere, jetz liegt er tot ir Wolfsschlucht, als Sündebock, wo d Gsellschaft usgstosse het.

 

Es git also wahrhaftig nüt z juble, im "Freischütz". U das füehrt üs d Genfer Uffüehrig mit son ere künstlerische Konsequenz vor, dass es d Lüt erchlüpft. Nüt da vo Jagdfolklore. Der Wald isch schwarz und unheimlich. I de Bäum hange abgrissnigi Glieder u toti Bébé. Zu syre Walddarstellig der Regisseur Achim Freyer:

 

(Wort)

 

D Naturidylle isch also ir Inszenierig vom Achim Freyer nume Kulisse, so wie ou d Hörnerkläng numen e Kulisse sy, wo verdeckt, dass d Handlig nid vorachunnt u d Lüt kei Erlösig finde.

 

Und so het der Dirigent Horst Stein mit sym sicheren Instinkt für ds Wäse vor Opere jetz z Genf der Musik der Glanz broche, der Impetus dämpft, d Tempi verlangsamt. Die bleischwäri Unbeweglichkeit, wo über der "Freischütz"-Welt liegt, die Schwermut leit sich ou über d Musik.

 

(Musik)

 

Das isch die berüehmti Arie vor Agathe. Sie het ds Fenster ufgstosse u luegt use, es berüehmts romantisches Motiv, sie luegt use u wartet uf das, wo vo derthär chunnt u se erlöst. Aber die Erlösig git's bim Achim Freyer nume no als Utopie:

 

(Wort)

 

Mir gseh die intakti Natur "mit gebrochenem Herzen", wie der Regisseur seit, will mir hüt kes Fenster meh hei, wo me eifach cha ufstosse, u derhinter isch de ds Heil. Aber d Sehnsucht nach der Ornig, die kenne mir ou.

 

(Wort)

 

Der Konflikt zwüsche de beide Wälte, wo im "Freischütz" nid zur Uflösig chunnt u wo drum d Mönsche u d Handlig lähmt, dä Konflikt zieht der Achim Freyer ine bis i d Farbsymbolik. Der Eremit isch wyss agleit u der Samiel rot. Das sy die beide Pole vor Uffüehrig u vor Opere. Samuel und Eremit, Kirche und Wolfsschlucht.

 

Greglets und Anarchisches, das isch szenisch dargstellt im Kontrast vo rot und wyss. Die beide Farbe exponiert der Achim Freyer, wo ou Bühnebild und Kostüm gstaltet het, scho im erste Bild. Im Hintergrund steit es Kasperlitheater, u da agiere e roti und e wyssi Gstalt mitenand. Das Rot-Wyss-Thema vom Theater im Theater geit vo jetz a dür die ganzi Uffüehrig. D Agathe treit es wysses Brutchleid, aber es isch e rote Bluettropfe druf gheit. Ironischerwys trage ou d Jäger als Stütze vor Gsellschaft roti Chnöisocke, d Brutjungfere hei rot gmaleti Bäckli, und am Schluss vor Opere präge sich zwo grossi Figure y: der Eremit, wyss vo obe bis unde, u dernäbe der Fürst Ottokar, glych gross, glych mächtig wie der Eremit, aber rot agleit. Ohni dass es d Gsellschaft realisiert, ghört also die vertüfleti roti Farb grad eso zuen ere wie ds unschuldige Wyss, und dass sie das nid ygseht und stattdesse ihri roti Hälfti gäng verdrängt, das macht grad us, dass sie nid wyterchunnt. Der Achim Freyer, wo d Farbpolarität dürezeiht bis i ds Detail, dä het ou druf gluegt, dass der Räste stimmt:

 

(Wort)

 

So isch der "Freischütz" z Genf en unghür gschlossnigi, eigewilligi Inszenierig worde. D "Züri Zytig" het gschriebe:

 

(Wort)

 

Sowyt d "Züri Zytig". Der Roman Brotbeck im Deutschlandfunk:

 

(Wort)

 

We dihr nech jetz aber selber weit es Bild mache, sowit me das am Radio überhaupt cha übercho: Radio DRS übertreit dä Genfer "Freischütz" live und in Stereo, u zwar am Samstig im Operenabend uf DRS 2. Usnahmswys faht dä Abe scho am zäh vor achti a, mit eme Gspräch mit em Regisseur Achim Freier und em Dirigent Horst Stein. Das Gspräch wird de wytergfüehrt ir Pause, und nach der Direktübertragig us Genf chrütze de no zwe Kritiker mitanand d Klinge bir Analyse und Situierig vo dem Genfer "Freischütz", wo dihr wie gseit uf Radio DRS 2 chöit lose, am Samstig, vom zäh vor achti a.

Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt 0