Rigoletto. Giuseppe Verdi.

Urs Häberli, Marcel Zaba. OGB Biel.

Radio DRS-2, Reflexe, 1. März 1990.

 

 

(Musik)

 

Der "Rigoletto" isch am Verdi sys berüehmtiste Wärk. D Melodie, wo dert vorchöme, cha jede nachepfyffe, und jede Opereliebhaber kennt d Gschicht vom bugglige Hofnarr fürezi und hinderzi. Aber so intensiv d Komposition vom Verdi ou isch, im Grund gno packt eim der "Rigoletto" hüt nümm. Me kennt ne eifach z guet. D Popularität het am Wärk also gschadt, es isch so mängisch dür e Steamer vom Repertoiretheater, dass es syni Chust verlore het.

Es bruucht drum scho ganz ussergwöhnlichi Umständ, wenn der "Rigoletto" syni ursprünglichi, elementari Wucht söll zrügg gwinne. Aber just die ussergwöhnliche Umständ sy jetz im chlynste Operehuus vo der Schwyz zämecho; im Stadttheater Biel; also im ene Huus, wo me grad z letzt e geniali Neuschöpfig gängt ga sueche. Schliesslich isch d Bühni nid grösser als es durchschnittlichs Wohnzimmer. Der Orchestergrabe nimmt nume 30 Musiker uf. D Sänger sy entweder Debütante oder vergässnigi Profi. Wär hätt also vermuetet, dass hie, i dere Nische am Jurasüdfuss, e ussergwöhnliche, singuläre "Rigoletto" z gseh isch, wenn me dra dänkt, dass d Provinzkritik z.B. über die Inszenierig Zetermordio gschroue het.

 

Was cha me z Biel de gseh? Eigentlich nüt anders als e schwarzi Bühni, aber die schwarzi Bühni het scho glängt, für dass d Abonnenten us der Vorstellig gloffe sy. Derby het die schwarzi Bühni zwe grossi Vorzüg: Sie macht der Ruum grösser, als er in Wirklichkeit isch. Und sie fokussiert der Blick vom Zueschauer uf das, wo i dere Schwerzi uftaucht: es Gsicht, e Handbewegig, es Kleidigsstück. Und mit dene reduzierte Element faht jetz d Inszenierig afa spiele, mit Gsicht, Handbewegig, Kleidigsstück.

 

D Gilda zum Bispiel, wo der Herzog so brutal tuet verfüehre, d Gilda het kes schöns Gsicht, es würkt aber bescheiden, treu und still. Es ghört nid zun ere Frau, wo eim erotisch tuet ufreize. D Gilda vo Biel het nüt z verschänke als ihri Seel. Aber grad das macht ds Verbreche vom Herzog so schwär. Will är nid nume e Körper tuet missbruuche, sondern e Seel. So bringt also die schwarzi Bühni im ene Gsicht ou ds Innere vom ene Mönsch zum Vorschyn.

 

Aber ou d Gebärde föh afe rede. Wenn der Herzog d Gilda verfüehrt, tuet är ihre ds Band us ihrem sträng gflochtige Zopf usezieh. Ds Haar vom junge Meitschi chunnt us der Ornig, und so trifft’s de ou der Vater a. Rüehrend, wie der Rigoletto meint, är chönn ds Ganze rückgängig mache, wenn är syni schwarzi Krawatte abzieht u dermit der Tochter ds Haar wieder tuet zuebinde. U da föh nid nume d Gebärde afah rede, sondern ou d Kleidigsstück. Der Herzog treit bir Verfüehrig es gelbs Halstuch. Und der Rigoletto e bruun glismete Pullover. Wo d Gilda am Schluss zum Mörder chunnt, für sich z opfere a Stell vom Herzog, und wie sie hin u här grissen isch zwüsche der Liebi zum Vater und der Liebi zum Herzog, da treit sie über em Vatter sym Pullover am Herzog sys gelbe Halstuech. Der Herzog aber, wo ir e schneidige Offiziersuniform zur Huere glägen isch und gäge Morge dervogeit, dä het sy wyss Gurt im Schlafzimmer vergässe. Und so packt der Mörder die toti Gilda i d Liintüecher, wo der Herzog drin mit ere andere Frau gschlafe het, und de bingt är das Päckli mit em Gurt vom Herzog zäme un leit’s so am Rigoletto uf ds Trottoir.

 

So föh alli Gägeständ afe rede, wo die Inszenierig z Biel bruucht. E ganz ydrücklichi Symbolketti bildet ds Liintuech.  D Liintüecher, wo d Gilda am Afang vor Opere tuet zum Tröckne ufhänke, symbolisiere die schlafendi Unschuld. I der Wöschhänki inne tuet de der Herzog echly später ds Meitschi a sich zieh und unter de Liintüecher strychle. Ds Liintuech wird zum Bett-Tuech mit erotischem Bygschmack. Und am Schluss wird ds bruuchte Liintuech zum Lychetuech.

 

So wird das alles uf dere schwarze Bühni zämeghalte dür ne überlegnige Kunstverstand. Da längt es blaus Viereck, u scho wüsse mir: Es isch Nacht. U nüt anders als e roti Türe verwandlet d Bühni i nes Puff. So intelligent wird mit däm Ruum gschaffet, dass ds chlynste Detail e riesigi Symbolkrarft überchunnt. U die geniali Inszenierig, wo us de Sänger het Mönsche gmacht und us em "Rigoletto" e packendi, gschydi Uffüehrig, wien i i dere Spielzyt no keni gseh ha, die Inszenierig isch vo zwene junge Schwyzer, wo z Frankfurt als Regieassistente schaffe: der Regisseur Urs Häberli und der Bühnebildner Marcel Zaba. Z Biel am Stadttheater het me sie entdeckt, und z Biel am Stadttheater cha me jetz en ussergwöhnlichi, e singuläri "Rigoletto"-Uffüehrig ga entdecke.

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