Fritz Muliar. Zum 70. Geburtag.

Porträt.              

Radio DRS-2, Reflexe, 12. Dezember 1989.

 

 

Ds erste Mal, won i der Fritz Muliar im Burgtheater ha vor mir gha, het är e ganz unbedütendi Rolle müesse spiele, e sogenannti "Ansagerolle": das isch meistens e Diener, wo irgend i re Szene ynechunnt für z säge, der Herr Sowieso syg acho. Der Name vom Stück, wo der Muliar jetz so ne Ansagerolle gha het, han i vergässe, ou d Handlig. I weiss nume no, dass es im ene Salon isch gsy, wo adeligi oder bürgerlichi Dame mitenand plouderet hei, und da hätt äber der Muliar sölle cho säge, dass dusse öpper acho isch. Är isch mit syne grobe Schueh i d Mitti vom Salon tschalpet, dass d Dame erchlüpft sy. D Konversation isch unterbroche, mi faht afe schwyge. Und i dere Stilli warte alli, dass der Diener sy Uftrag ablieferet. Aber der Muliar macht kei Wank. Är steit eifach da, mit sym Käppi i der Hand, u je länger dass er dasteit, desto findseliger wird ds Schwyge, wo von ihm usgeit. Jetz warte nümm d Dame vom Salon allei uf ds Stichwort vom Diener, jetz wartet ds ganze Burgtheaterpublikum, dass es wytergeit. Aber der Muliar haltet das us. E grossi inneri Kraft git ihm der Muet, eifach alli ufzhalte. Und d Störig, won är i Ablauf vom liechte Konversationsstück bracht het, überchunnt nadisnah e symbolischi Bedütig. Es isch d Störig vo der bürgerliche Harmonie dür die Unterprivilegierte, wo plötzlich nümm das mache, wo me vo ne erwartet, und dadermit isch die ganzi Wältornig gfährdet. Wo der Fritz Muliar im Burgtheater ändlich ds Mul abenand tuet, isch’s wie ne Erlösig, und dass er nume seit: "Gnädige Frau, Herr sowieso ist draussen", de chunnt’s eim vor, mi syg grad no just einisch dervo cho und d Wält syg grettet.

 

Das isch, wie gseit, mini ersti Begegnig mit em Fritz Muliar am Burgtheater gsy. Aber i dere chlyne "Ansagerolle" het sich scho syni spezifischi Begabig zeigt, da Abgründ ufztue, wo sie no niemer vor ihm gseh het. Wenn der Muliar wott, de chan är hinter syne urgmüetliche Wiener Type öppis Bedrohlichs la füregüggele, so dass es eim vor ne afaht gruuse.

 

Und so abgründig het är ou syni letzti grossi Rolle am Burgtheater agleit: der Knieriem im "Lumpazivagabundus" vom Nestroy. Mi spielt dä Knieriem meistens mit der heitere Naivität vom ene grosse Kind. Der Muliar aber het ne ehnder verbitteret gä, mit ere trotzige Kraft, wo eim het la begryfe, dass dä komisch Typ eigentlich öpper isch, wo im Läbe isch z kurz cho. U dass derwäge in ihm e riesigi Wuet steckt, e Wuet, won är nume mit Müeh bändiget. U drum isch der Muliar so ne grosse Komiker. Will är im Lustige nid ds Versöhnliche und Gwinnende zeigt, ds Kinderlache, wo alls überguldet – sondern är laht la gspüre, dass sy Humor es Sicherheitsventil isch, wo d Seel vom ene grosse innere Druck entlastet.

 

So Abgründ hinter em gmüetliche treuhärzige Wienerisch chöme ou füre i dere Szene, won i zum Schluss no der Muliar selber wett la z Wort cho. Es isch e Stell us em "Schweyk", dere Gschicht also, wo ds Talent vom Fritz Muliar ou usserhalb vo Wien het bekannt gmacht.

 

(Ton)

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