Karl Valentin.

Théâtre Populaire Romand, Nouveau Théâtre de Poche, Genève.

Radio DRS-2, Reflexe, 22. Januar 1987.

 

 

Z Genf fingt me, mir heige hür wieder einisch en usserordentlich herte Winter. D Bise geit, u glychzytig gheie i eire Nacht 8 cm Schnee uf d Strass. Möge sie ächt nache mit Salze, das isch d Frag, wo dür alli Zytige geit; oder muess me öppe ds Auto ir Garage la? Uf all Fäll isch's jetz deheime am schönste, hinter em warmen Öfeli. Es syg no nie so viel Strom verheizet worde, mäldet ds Genfer Elektrizitätswerk. Me syg ar oberste Gränze, u mi söll doch dra dänke, dass 20 Grad im Wohnzimmer gnüegi, es wärd i der Regel ja glych z fest gheizt. Zum Glück sy ou d Gmüeslieferante gäge d Kälti gwappnet. Ihri Trybhüser sy gheizt u der Nüssli-Salat isch schön ar Wärmi, ou we's dusse strubusset u me ke Hund vor d Hütte schickt. U derby miech d Kälti dene Tier gar nüt, will die liebe Hundeli, we sie scho use müesse, es schöns glismets Jäggeli dörfe trage. U wenn me de die nätte Waueli mit ihrne Mammeli gseht, de vergisst me ganz, dass es z Genf doch eigentlich ou no Clochards git am ene Ort. Aber wo sy die jetz? He, bi der Heilsarmee. Sie heig ne ihri Sääl ufta, heisst's, dermit sie dusse nid verfrüre. Das isch äbe der Unterschied zwüsche de Clochards und em Nüssli-Salat. Für e Nüssli-Salat isch gsorget, will me cha ne ässe. Das isch d Absurdität vom Läbe. En Absurdität, wo für üs scho so normal isch, dass mer se gar nümm merke. Bis der Karl Valentin chunnt und üs mit der Nase drufstosst.

 

(Wort)

 

Ja, das isch äbe ds Unheimliche bi däm Komiker. Är laht üs la gspüre, wie verruckt das eigentlich isch, wo mir selbstverständlich finde. U das laht er üs usgrechnet die Tage z Genf la merke; in ere Produktion vom Théâtre Populaire Romand zäme mit em Nouveau Théâtre de Poche.

 

Natürlich isch es nid ds Glyche, ob me d Liesl Karlstadt u der Karl Valentin vor sich het oder ob d Schauspieler vom TPR Valentinszene zeige. Die wälsche Schauspieler tüe nume nachespiele, was die beide Münchner Komiker vorgä hei. U d Schauspieler chöi no so fyn spiele u no so viel Eigets dry tue, sie blybe glych hinter em Urbild zrügg. Will sich bim Valentin äbe der Darsteller mit em Dichter deckt, u der Dichter mit em Mönsch. Die Überystimmig bringt kes Theater meh häre, o we's no so sorgfältig vorgeit wie im konkrete Fall üsi Genfer Inszenierig.

 

Mir erleben also bi dene Valentin-Szene en ähnlichi Schwierigkeit wie denn, wo der Nestroy gstorben isch und me het gseit: "So guet wie dä cha ja niemer meh die Rolle spiele, won är selber gschriebe het und uf d Bühni bracht!" Aber am Nestroy u syne Stück isch ds Vergässe u d Zyt z Hilf cho. Es sy nöii Generatione nachegrückt, wo nümm hei gwüsst, wie der Nestroy uf der Bühni isch gsy. Der Valentin aber läbt äbe geng no uf de Filme und uf de Schallplatte. U das Schattebild leit sich albe uf die dütsche Schauspieler, wo ne wette nachespiele, es sugt ne ds Bluet us wie ne Vampir... Aber z Genf nid. D Übertragig i die fremdi Sprach, und i die fremdi Tradition, wo sich vo Beckett und vo Ionesco här nährt (wo beidi französisch gschriebe hei), d Übertragig i ds Französische also macht, dass me gar nie dra dänkt, das, wo uf der Bühni passiert, mit em Valentin z verglyche. Drum cha me z Genf prüefe, was vom Valentin blybt, we me sini längi, gstabeligi Figur wäglaht, u syni Sprach, u syni Usdruckswys. Was blybt, isch die verzwiflet komischi Darstellig vor Absurdität vom Läbe. U die Absurdität isch uf Französisch die glychi wie uf Dütsch, u z Genf die glychi wie bi üs. Me muess sich nume d Auge la uftue, vo däm Münchner Komiker, wo z Genf plötzlich zum Weltkomiker wird...

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