Ein ungleiches Paar. © Moritz Schnell.

 
 

 

Von Mäusen und Menschen. John Steinbeck.

Schauspiel.

Torsten Fischer, Herbert Schäfer/Vasilis Triantafillopoulos. Theater in der Josefstadt, Wien.

Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt, 13. März 2025.

 

> Wer bei der schweizerischen Binnenschifffahrt 43 Jahre lang Deckdienst versehen hat, kann bezeugen, dass es die Figuren alle gibt, die John Steinbeck in seinem Schauspiel "Von Mäusen und Menschen" auf die Bühne gebracht hat, und dass sie vom Ensemble der Josefstadt so lebensecht gezeichnet werden, dass jeder Süsswassermatrose dem Kritiker beipflichten kann, der von einem Triumph der Schauspielkunst spricht. <

 

Das Bühnenbild besteht aus einer einzigen Wand (Herbert Schäfer/Vasilis Triantafillopoulos). Sie quetscht die Figuren auf der Vorbühne ein und nimmt ihnen die Bewegungsfreiheit. So drücken sich die Verhältnisse auf einer Farm irgendwo im amerikanischen Westen aus. Die Arbeiter können nur davon träumen, es einmal besser zu haben. Doch mit ihrem mageren Lohn kommen sie nicht voran.

 

Die Wand wird durchstossen von einem grossen, kreisrunden Loch. Dahinter liegt eine unbestimmte Ferne. In ihr soll alles möglich sein, glauben die Arbeiter. Doch die Flügel eines Riesenventilators versperren den Ausgang. Ihre Rotation steht für stickige Luft, Hitze, Eintönigkeit – und eine ununterbrochene Plage:

 

Verflucht sei der Acker um deinetwillen, mit Kummer sollst du dich darauf nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweisse deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis dass du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden. (1. Mose 3, 17 ff.)

 

Auf der Farm lebt eine kleine, hierarchisch scharf strukturierte Gemeinschaft. Sie reicht vom Boss über die Landarbeiter bis hinunter zum alten, nur noch geduldeten Halbinvaliden und dem papierlosen Aussenseiter ohne Aufenthaltsrecht. Der Sohn des Farmers hält sich eine junge Frau. Durch sie kommen die unverheirateten Männer in Bewegung, und die Bewegung führt zum Tod. Auf diese Weise erwächst das Drama aus einer engen Konstellation von Menschen und Verhältnissen.

 

Fürs Schauspiel hängt nun alles von der Besetzung ab. Und da hat die Josefstadt in ihren Kammerspielen Einmaliges zu bieten. Die Porträts sind so wohlgetroffen, dass die Aufführung zum packenden, und am Ende ergreifenden, Erlebnis wird. Regisseur Torsten Fischer schlägt ein Tempo der lastenden Einförmigkeit an, in dem jedes darstellerische Detail scharf aufblitzt. "Ja", nickt der Zuschauer, der 43 Jahre lang bei der schweizerischen Binnenschifffahrt Deckdienst versehen hat, "gerade so sind die Menschen am unteren Ende der Skala". Und der Kritiker spricht von einer Sternstunde der Schauspielkunst.

In die Nähe, in die Ferne. 

Der angehaltene Moment. 

Jetzt kippt's gleich. 

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