Die englische Katze. Hans Werner Henze. / Der bunte Hund. NN.
Reto Nickler, Stadttheater Bern. / Basler Theater.
Radio DRS-2, Reflexe, 26. November 1990
We me die beide Tieropere mitenand i Beziehig setzt, de chunnt me druf, dass ds Gmeinsame i ihrem dramatische Kern liegt. Am Grund vo jeder Opere, ja vo jedem Drama überhaupt, liegt e Konflikt. Bi der Kinderopere "Der bunte Hund" isch es der Konflikt zwüschem einzelne u der Gruppe. E bunte Hund isch e Hund, wo uffallt, will är nid i d Norm passt. Alli andere sy schön eifarbig, und är isch tschägget. Schrecklich. D Hundemueter isch ganz ufgregt, und d Gschwüsterti vom bunte Hund, wo mit ihrem eifarbige Fäll so schön zämepasse, rütsche uf d Syte u löh der bunt Hund allei. Der Konflikt also zwüschem einzelne mit syne individuelle Eigeschafte und der Gruppe, dä Konflikt tuet d Kinderopere z Basel thematisiere. Es isch e Konflikt, wo 5jährigi intensiv erläbe. I däm Alter föh sie ja a, sich selber als Person z begryfe. Un dadermit müesse sie ou gspüre, dass se mängs vo den andere trennt. Für die 5jährige isch drum die Opere im Theater Basel tröstlich. Sie chöi hie erläbe, dass alles für öppis guet sich. Wenn "Der bunte Hund" am einten Ort nid i d Norm passt, will är tschägget isch, de gibt's derfür en andere Ort, wo me grad uf ihn gwartet het. Ds Theater Basel zeigt also e pädagogischi Opere, kindertümlich und ufbauend. Für 5jährigi ideal. Wär nid zu de 5jährige ghört, ärgeret sich vielleicht e chey ab em Kindergarteton vom Gschichtli. Der Kopf u d Erläbnisfähigkeit vo grössere Kinder u gar vo Erwachsnige aber tuet d Opere nid uslaste. Und so blybt ou d Musik punkto Fasslichkeit a der untere Grenze vom Aspruchsniveau, wo me an en Opere cha stelle.
(Musik)
Komplizierter isch es z Bern. Scho d Musik het e grösseri Spannwyti, abgseh dervo, dass sie ou technisch viel aspruchsvoller isch.
(Musik)
Der dramatisch Konflikt, wo bi dere Opere z Grund liegt, isch nid wie bim bunte Hund e Konflikt zwüschem einzelne u der Gruppe, sondern es isch e Konflikt im einzelne und i der Gruppe inne. Es isch der Konflikt zwüsche de elementare Urtriebe und der gsellschaftliche Moral, u dä Konflikt wird dargstellt am Bispiel vo der englische Katz. Der Urtrieb vo der Katz liegt ja dadrin, dass sie Müüs u Ratte jagt. Die gsellschaftlichi Moral vo der änglische Katz aber verlangt, dass sie das tierische Bedürfnis tuet überwinde u mit der Muus im Friede läbt. D Katz muess also ihre Aggressionstrieb bändige, dadrin liegt die wahri Kultur. Dadermit überchunnt der Charakter vo der Katz öppis Zwiespältigs. Uf der einte Syte würkt sie harmlos, aschmiegsam u putzig, aber wenn sie glaubt, dass sie niemer gseht, de chöme blitzschnell d Kralle zwüsche de Pfote füre. Dihr gseht: "Die englische Katze" vom Hans Werner Henze isch e herrlich doppelbödigi Opere. Sie bietet tuusig Glägeheite für ne inspirierte Regisseur und es glänkigs Ensemble, un grad die hei z Bern gfählt. Was für ne Uffüehrig hätt das chönne gä, wenn e blitzgschyde szenische Kommentar d Musik vom Henze hätt begleitet! Aber am Werner Nickler als Regisseur isch nüt ygfalle, und d Uffüehrig isch drum gäng dünner u dünner worde. E halbbatzigi Sach also. Dadermit aber zeigt sich bi de beide Tieropere, bi der "änglische Katz" und bim "bunte Hund", wie schwierig dass es isch, wenn ds Theater mit eire Produktion us de gwohnte Bahne wett usbräche. Wenn's das würklich wetti, de müesst's no viel meh Arbeit leiste, als es hüür het investiert.