Ariadne auf Naxos. Richard Strauss.
Robert Carsen. Opéra de Lausanne.
Radio DRS-2, Reflexe, 27. Juni 1987.
D Autore hei scho gwüsst, was sie gleistet hei, mit ihrer Opere "in einem Aufzug nebst einem Vorspiel". Der Librettist, wo d Idee derzue gha het, der Librettist het gseit: "Ein solches Stück wird, das darf ich wohl sagen, von niemandem, der heute in Europa schreibt, in seiner Art übertroffen werden." U der Komponist synersyts het gwüsst: "Meine Partitur ist als Partitur wirklich ein Meisterwerk, das mir so bald keiner nachmacht."
(Musik)
Sie hei sich ou gägesytig gratuliert. Der Hugo von Hofmannsthal schrybt a Richard Strauss: "Sie haben aus dem kleinen Werk etwas unvergleichlich Schönes gemacht, das alle Menschen, die es hören durften, mit der reinsten, seltensten Freude erfüllt." Sie hei beidi ou gwüsst, der Komponist u der Librettist, dass das Öperli, wo nach nüt usgseht, in Wirklichkeit unghür schwär uf d Bühni z bringen isch, äbe grad wäg sym Puppenspiel-Charakter: "Das ausgeklügelt Enge dieses Spieles, diese zwei Spielergruppen nebeneinander, engster Raum, sorgfältigste Berechnung jeder Gebärde, jedes Schrittes, das Ganze ein Konzert und gleichzeitig ein Tanz."
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U will d "Ariadne auf Naxos" so schwierig zum spielen isch, hei d Autoren verlangt, sie müess i d Händ vom ene wirklich begabte Regisseur, vom ene ächte Theaterkünstler: "Diese Oper, als ein aus Teilen komponiertes Ganzes gedacht, kann nur dort existieren, nur dort zur Entstehung kommen, wo ein höheres theatralisches Genie Teile zu einem Ganzen zu formen imstande ist." So het's der Librettist gseh. Und ou der Komponist: "Ich kann nur mit einem erstklassigen Orchester, das seit 100 Jahren eingespielt sein muss und einem Sängerpersonal arbeiten, das in vereinzelten Exemplaren nur an den ersten Hoftheatern zu finden ist."
(Musik weg)
U jetz also bringe sie die Opere, "eines der allerheikelsten Gebilde, eines der aller-inkommensurabelsten", die Opere also bringe sie jetz im Lausanner Stadttheater uf d Bühni. Der Dirigent chunnt us Ostberlin. Är isch der einzig, wo dütsch cha. D Sänger sy französisch, japanisch und amerikanisch. Der Regisseur Ängländer. I bi mit Gwunder, aber ou mit Skepsis a d Premiere. I ha mi gfragt, ob's möglich syg, mit eme zämegwürflete Ensemble, wo nid sit Jahre ufenand ygspielt isch, ob's mit eme Ensemble, wo us allne Weltteile chunnt, überhaupt möglich syg, däm heikle Gebilde namens "Ariadne" grächt z wärde. Die Frag han i uf Lausanne treit. U won i dert bi gsy, han'se vergässe; i bi nid zum Stune uscho.
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En Uffüehrig vo höchstem theatralischem Niveau. Überdurchschnittlichi Sängerleistige. Es ächt homogens Ensemble. Und e Darstellere vor Zerbinetta, wo alles bringt, wo sich der Komponist vorgstellt het: "Grosse Koloraturarie: Andante und dann Rondeau, Thema mit Variationen und allen Koloraturspässen. Paradenummer."
(Musik)
Das d Lüt z früeh klatschet hei, isch nid nume cho, will sie d Opere nid kennt hei. Sondern sie sy äbe ächt mitgrisse gsy vo dere Paradenummere, wo d Ghilaine Raphanel darbotte het.
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U ds Ganze zämeghalte und beläbt dür d Inszenierig vo eim, wo lut Programmheft (und zu recht) zu de Talentiertiste vor neue Generation vo Regisseure zellt wird. Sälte han i öpper so subtil gseh der Partitur nachespüre, sälte het mi d Folgerichtigkeit u d Intelligenz von ere Operninszenierig so agsproche wie hie bim 33jährige Robert Carsen. I ha hinterdry verno, der Carsen heig über zwöi Jahr lang am Konzept vor Inszenierig gschaffet. Dä Ysatz, wo wyt über ds Routinemass usgeit, dä Ysatz het's usgmacht. Will:
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"Liebe braucht ein solches Ding, Enthusiasmus, imprévu braucht eine Bühne, die bewusst ist, heute das Ausserordentliche zu leisten, nicht die entsetzliche Atmosphäre des Gewöhnlichen, die graue Routine, den Dirigenten mit kaltem Herzen, die Opernsänger, die es eben heruntersingen. Ums Leben muss es allen gehen, das Unmögliche muss möglich gemacht werden."
Das Unmügliche isch z Lausanne müglech worde. Mir verdanke das däm Regisseur, wo me sich der Name dervo muess merke: Robert Carsen.
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