Albert Herring. Benjamin Britten.

Oper.

François Rochaix. Stadttheater Bern.

Radio DRS-2, Reflexe, 12. März 1990.

 

 

"Albert Herring" spielt in ere änglische Chlystadt im viktorianische Zytalter. Also in ere Epoche vo extremer Prüderie. Für die junge Lüt zur Tugend z füehre, spändet en älteri alleinstehendi Lady e Prys: 20 Pfund i Guld für ne Mönsch, wo no nie usgschlipft isch, wo no nie es Glas het i d Hand gno u no nie gschätzelet het. Mit eim Wort: Der Tugendprys isch für öpper, wo no gäng isch suber bliebe. E Jury mit em Pfarrer, em Polizist, em Bürgermeister, der Lehrerin söll jetz der Kandidat oder d Kandidation usefinde. Aber im ganze Städtli isch niemer, wo nid irgendwo e Tolgg hätti. Ussert em Albert Herring. Dä jung Ma schaffet im Lade vo sym Mammi, won är vom Morge bis am Abe tuet Chabishäuptli hüete; är geit nid us, är het kes Gschleipf, u we’s fysteret, blybt är bim Mammi u geit früech i ds Bett. Der ideal Tugendchünig. Aber chuum überchnnt der brav Albert sy Ehrenkranz, isch’s mit der Tugend o scho verby. Am Abe vor der Prysverleihig louft är scho dervo u holt i de Beizli, i de Gasse und i de Bett nache, was är bis jetz versuumet het, will ihm ds Gäld gfählt het.

 

So eifach isch das Gschichtli, wo der Benjamin Britten vertonet het. So eifach wie ds Läbe selber. Und d Opere verzellt d Gschicht vom "Rosenjüngling" mit 13 eifache, scharf umrissnige Type: em Pfarrer, em Bürgermeister, em Polizist, der ältere Lady, der Lehrerin. Jedem vo dene Type isch im Orchester es Instrument zuegordnet.

 

Die eifachi Konstruktion het jetz aber der Regisseur François Rochaix wölle ufbräche. D Schwarzwyss-Zeichnig isch ihm z eifach vorcho, är het wölle syner Figure vo inne här mache z läbe, är het wölle ds Übertriebnige a ne zrügg näh und mit Nuance schaffe. Des Resultat: Der Zueschauer fingt z Bern nümm die Karikature, wo der Britten mit diabolischer Freud zeichnet het. Sondern är fingt unbedütendi Bürgerslüt, wo gly aföh längwyle, will sie unbedütend sy. Interessant a ne isch nämlich nid d Armuet vo ihrer änge Seel, sondern ihre moralisch Tick, ihri fixi Idee. Der Regisseur François Rochaix het aber der Holzschnitt verachtet und stattdesse d Gschicht vom Albert Herring uf Porzellan gmale. Alles isch jetz mit em fyne Pinsel gschäfferlet, u zarti Pastelltön fliesse inenand. Es fählt jetz aber d Läbhaftigkeit vom Liecht, d Härti vom Kontrast, d Schärfi vor Silhouette.

 

Ds Berner Stadttheater zeigt vom Albert Herring dermit e Deluxe-Usgab im Guldschnitt. D Dekoratione, d Liechter, d Kostüm sy süperb. Aber sie passe nid zum Wärk. Es isch, wie wenn me tät e Cervelat uf Sèvres-Porzellan serviere.

 

Wie isch’s jetz aber mit de musikalische Leistige? D Partitur verlangt es Dotze Instrumentaliste, wo solistisch agiere. Dadermit chunnt e farbigi Komposition z stand, wo mit seismografischer Gnauigkeit d Usschläg vo der Handlig begleitet und kommentiert. I ihrer Qualität als Soliste hei d Musiker sehr zuverlässig gspielt, mängisch sogar inspiriert. Aber ar Premiere hei sie sich nume schwär zum Ensemble gfunde. Wahrschynlich hätte sie gnauer ufenand glost, wenn sie ohni Dirigänt hätte müesse spiele. Aber der Dirigent isch nötig gsy für d Sänger. I ha by ne lang nid chönne entscheide, ob sie eigentlich dütsch singe oder englisch. Es het beides glych tönt. Für nes Werk aber, wo mit em Dialogwitz schaffet, sy so Diktionsschwechine fatal. Es isch für mi ou lang nid klar gsy, wärum d Sänger wüest singe. I ha mi du entschiede, dass sie dermit hei wölle d Sängermanierisme karikiere. Will aber myner Ohre gäng wieder uf so Karikature gstosse sy, han i‘s dest meh beduuret, dass sie d Inszenierig het wölle vermyde.

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