Hysterikon. Ingrid Lausund.
Schauspiel.
Marton Rothaar, Sidoninia Helfenstein, Fabienne Biever. Konzert Theater Bern.
Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt, 9. Juni 2021.
Am 20. Juni begeht die gebildete Welt den hundertsten Geburtstag des Romanciers Roland Donzé. In seinen ungedruckten Erinnerungen, die im schweizerischen Literaturarchiv aufbewahrt sind, erzählt er, dass er im Alter von sechzehn, siebzehn Jahren dem verehrten Französischlehrer André Tissot ein erstes Gedicht vorzulegen wagte. Er erhielt es zurück mit der handgeschriebenen Bemerkung: "Albern. Aber weiterfahren." Dieses Urteil gilt nun auch, über achtzig Jahre später, für die Aufführung, die der "club junges ktb" draussen in Köniz in der kleinen Spielstätte Vidmar 2 seinen Freunden zeigt. Das Stück sieht an der Oberfläche albern aus, besticht aber durch die Sicherheit, mit der es unsere Zeit einfängt und die auftretenden Personen ihre Befindlichkeit ausdrücken lässt. Ingrid Lausund heisst die Frau, der es gelingt, Gesellschaftskritik ohne Gelaber, dafür aber mit leisem Humor zu üben. Feines Augenzwinkern durchzieht auch Regie (Marton Rothaar), Bühne (Sidoninia Helfenstein) und Kostüme (Fabienne Biever). Doch unter dem Liebhaberensemble (sieben Frauen, ein Mann) bezieht sich das "Weiterfahren" vor allem auf die Sprechübungen, damit eines Tages jenes präsentable Niveau erreicht wird, durch das sich echtes Sprechtheater vom wohlgemeinten unterscheidet.
Dazu im Stück: Ein feiner Humor ...
... und Gesellschaftskritik ohne Gelaber.